Mittwoch, 30. August 2023

[Books] Oliver Scherz - Sieben Tage Mo

 




*Werbung / Rezensionsexemplar: Das Buch wurde mir kostenlos von NetGalley und Thienemann Esslinger zur Verfügung gestellt im Gegenzug für eine ehrliche, unbeeinflusste Rezension. Vielen Dank! 



Über das Buch


Titel: Sieben Tage Mo Autor: Oliver Scherz | Illustrator: Philip Waechter 
Verlag: Thienemann Esslinger 
Preis: 11,99€ Genre: Kinderbuch, Familie, Behinderung Format: eBook Seitenanzahl: 160 
ISBN: 978-3-522-18648-3 Original Erscheinungsdatum: 2023 

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Berührendes Kinderbuch über zwei ungleiche Brüder. 

Mo ist Mo. Unberechenbar und unaufhaltsam. Er macht, was er will, und sagt, was ihm in den Kopf kommt. Mit ihm kann man Verrücktes erleben. Und manchmal wäre Karl gern so wie er, so sorglos, so ungehemmt. Oft aber nervt es ihn auch, sich um seinen Bruder kümmern zu müssen, der eine geistige Behinderung hat. Ständig ist er für ihn verantwortlich, gefühlte sieben Tage die Woche. Am liebsten möchte Karl sich freimachen von allem, einfach mit dem Rad durch die Gegend fahren. Oder Nida treffen, die er immer interessanter findet. Um sie zu sehen, lässt er Mo für ein paar Stunden allein. Als er nach Hause zurückkehrt, ist sein Bruder verschwunden …
       
Erster Satz

"Ich bleib hier stehen"


Autor


"Oliver Scherz, geboren 1974 in Essen, zählt zu den erfolgreichsten deutschen Kinderbuchautoren. Nach dem Schauspielstudium in Leipzig und Engagements an Theatern und beim Fernsehen, machte er sich 2012 als Kinderbuchautor selbstständig. Seine Bücher wurden mehrfach ausgezeichnet und sind in über zwanzig Ländern erschienen. 2015 wurde er vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels zum „Lesekünstler des Jahres“ gewählt. Oliver Scherz lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Freiburg.. Philip Waechter, geboren 1968 in Frankfurt am Main, studierte Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt Illustration an der Fachhochschule Mainz, unter anderem bei Professor Albrecht Rissler. Sein erstes Buch veröffentlichte er 1995 im Ellermann Verlag. Philip Waechter lebt heute als freier Grafiker und Illustrator in Frankfurt am Main. 1999 gründete er mit anderen Illustratorinnen und Illustratoren die Ateliergemeinschaft LABOR."



Cover und Titel


Das Cover mit gelbem Hintergrund zeigt Karl und seinen Bruder Mo, hinter ihnen strahlt die Sonne und wirft Schatten vor sie. Cover und Titel passen gut zum Inhalt des Buches.


Meine Meinung


Mo und Karl sind Brüder. Zwillinge, um genau zu sein. Doch gleichzeitig sind sie auch sehr verschieden. Mo macht was er will, ist unberechenbar und unaufhaltsam, sorglos und ungehemmt. Karl hingegen ist sorgfältig, aufmerksam, verantwortungsbewusst. Nicht weil er es will, sondern weil er es muss. Denn Mo hat eine geistige Behinderung, der Vater ist nie da, die Mutter ständig auf der Arbeit - also muss der eine Bruder auf den anderen aufpassen. Gefühlt immer, jeden Tag. Irgendwie klappt das auch, wenn auch oft mehr schlecht als recht. Doch dann hat Karl eine Verabredung mit Nida, die er auf keinen Fall verpassen darf! Als seine Mutter ihn im Stich lässt, fährt er trotzdem und lässt Mo alleine zuhause. Und als er zurückkommt, ist sein Bruder verschwunden ... 


„Ich wollte kein Mitleid mit Mo haben. Er hatte jeden Tag viel zu viel Spaß, wahrscheinlich mehr als ich. Niemand sollte ihn bemitleiden, nur weil er manches nicht schaffte. Niemand sollte denken, dass man ihn deshalb nicht für voll nehmen konnte."
pos. 113


Der Schreibstil des Autors ist flüssig und leicht zu lesen, genau richtig für die Zielgruppe. Die Story ist sehr authentisch und realistisch dargestellt - wodurch das Buch definitiv keine "leichte Kost" wird. Aber das ist genau richtig so! Die Mischung aus ernsten Momenten und ganz viel Humor ist wundervoll und macht das Buch trotz der Thematik nicht zu schwer.
Die Charaktere sind ebenfalls sehr authentisch. Karl, der ein so aufopferungsvoller Bruder ist, aber eben gleichzeitig selbst noch ein Kind - ein 12-jähriger Junge, der auch sein eigenes Leben braucht, seine eigenen Entscheidungen treffen sollte, wachsen und lernen muss, um ein eigenständiges Individuum zu werden. Der eben auch mal falsche Entscheidungen trifft oder aufbegehrt und sich selbst an erste Stelle setzt. Mo, der trotz - oder wohl gerade wegen - seiner geistigen Behinderung so viel Freude und Liebe in sich trägt, aber auch wütend wird, wenn man ihn nicht versteht, oder nicht verstehen will. Der die Welt auf eine völlig andere Art sieht. Die Mutter, die völlig überfordert ist mit allem und das Gefühl hat, dass sie stets alleine alle Entscheidungen treffen muss - und infolgedessen viele falsche trifft, die ihrem einen Sohn nützen und dem anderen schaden.

"Sieben Tage Mo" von Oliver Scherz ist ein berührendes und authentisches Buch über das Leben einer Familie, bei dem ein Mitglied mehr Aufmerksamkeit braucht als die anderen und sich das ganze Leben gefühlt nur noch um diese eine Person dreht. Diese Hilflosigkeit, die Karl verspürt, weil er das Gefühl hat, kein eigenes Leben leben zu dürfen und selbst von seinen Eltern vernachlässigt zu werden bzw. im Vergleich zu Mo unwichtig zu sein, überträgt sich direkt auf die Leser*innen. Er füllt sich zerrissen zwischen der Liebe zu seinem Bruder und dem Bedürfnis nach einem "normalen" Leben als Teenager. Gleichzeitig entwickelt man eine gewisse Wut auf die Eltern - den Vater, der lieber irgendwo im Nirgendwo Staudämme baut und die Mutter, die als Krankenpflegerin ständig arbeiten muss. Einem Kind diese enorme Bürde aufzulasten ist nicht nur unverantwortlich, sondern auch hochgradig gefährlich - für alle Beteiligten. Immerhin ist Mo impulsiv und kann Gefahren häufig nicht richtig einschätzen, während Karl schon rein körperlich gar nicht dazu in der Lage wäre, seinen Bruder in solchen Momenten dann aufzuhalten und/oder zu beschützen. Da wundert es einen beim Lesen - zumindest als Erwachsenen - dann schon ziemlich, warum niemand der Nachbar*innen, Lehrer*innen oder andere aus dem nahen Umfeld das Jugendamt einschalten ... 

Zu den Illustrationen kann ich leider nichts sagen, da diese bei dem Vorab-Leseexemplar nicht enthalten waren. Sehr schade.
 
Fazit


Ein Buch, das einen nachdenklich zurücklässt, mit einem Gefühl der Hilflosigkeit und Zerrissenheit. Es ist sehr berührend und authentisch geschrieben und besonders Karls Gefühls- und Gedankenwelt kann man sehr gut nachvollziehen. Gleichzeitig gibt es sehr viel Situationskomik, die das Buch dann trotz der ernsten Thematik wieder etwas leichter werden lässt.




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