*Werbung / Rezensionsexemplar: Das Buch wurde mir kosten- und bedingungslos von penhaligon und RandomHouse zur Verfügung gestellt. Vielen Dank! Über das Buch
Titel: Monster auf der Couch: Der rätselhafte Fall der verschwundenen Psychologin | Originaltitel: Monster i Terapi | Autor: Jenny Jägerfeld & Mats Strandberg | Übersetzerin: Leena Flegler | Illustrator: Erin Sandström | Verlag: penhaligon |
Preis: 20,00€ | Genre: F | Format: Gebunden | Seitenanzahl: 464 |
ISBN: 978-3-7645-3268-0 | Original Erscheinungsdatum: 2020 | Deutsches Erscheinungsdatum: 2022 |
Eine Psychologin verschwindet spurlos - in ihrem Büro findet die Polizei Akten über ihre Patienten: Dr. Jekyll, Dorian Gray, Carmilla und Victor Frankenstein. Ist es möglich, dass die zum Leben erwachten Figuren der Schauerliteratur in Therapie sind? Welche Geheimnisse hat die Psychologin über sie herausgefunden? Warum befinden sich Blutspritzer auf den Dokumenten? Und wollte die Verschwundene tatsächlich ein Buch mit dem Titel Monster auf der Couch schreiben? Nur wer die Akten der Psychologin durchstöbert, kann dem Mysterium ihres Verschwindens auf den Grund gehen und wird belohnt mit schauderhaftem Wissen: nämlich was uns Menschen zu Monstern macht - und Monster zu Menschen ...
Erster Satz
"Meine Frau ist seit knapp einem Monat verschwunden."
Autor*innen
"Die schwedische Psychologin Jenny Jägerfeld, geboren 1974, betreut in ihrer therapeutischen Praxis Kinder und Erwachsene, zudem schreibt sie aber auch Bücher über sie. Für ihre Romane gewann sie im Kinder- und Jugendbereich bereits den renommierten August-Preis, den Astrid-Lindgren-Preis, den Kinderbuchpreis von Sveriges Radio und den LUCHS."
"Mats Strandberg, geboren 1976, zog als 16-jähriger aus dem kleinen Fagersta in Västmanland nach Stockholm. Heute ist er freier Journalist und schreibt unter anderem Kolumnen für QX und Aftonbladet. Im Jahr 2004 wurde er von Sveriges Tidskrifter - dem Verband schwedischer Zeitschriftenverlage - zum Kolumnist des Jahres gewählt. Sein Roman Halbes Leben war ein großer Überraschungserfolg und erhielt begeisterte Kritiken."
Cover und Titel
Das Cover - und allgemein die gesamte Gestaltung des Buches ist definitiv ein Hingucker! Titel und Blutstropfen in leuchtendem Rot und das Foto von Dr. Frankenstein sind mit Spotlack veredelt, während das "Papier" der Akte im Hintergrund eine raue Struktur hat. Dadurch wirkt das Buch nicht nur edel, sondern auch sehr interessant. Cover und Titel passen hervorragend zum Inhalt des Buches - nur der Untertitel "Der rätselhafte Fall der verschwundenen Psychologin" finde ich nicht so gelungen. Dazu später mehr. Meine Meinung
Eine Psychologin hat besondere Patient*innen in ihrer Praxis: Jekyll & Hyde, Frankenstein und sein Monster, Dorian Gray und die Vampirin Carmilla. Sie alle haben ganz unterschiedliche Probleme: Jekyll kämpft mit seinem zweiten Ich, das sich nicht so verhält, wie er es gerne hätte, obwohl er doch auch gleichzeitig den Drang verspürt, auch so zu werden; Carmilla sieht ich von ihrer Geliebten konfrontiert, die nicht verstehen möchte, dass sie das Blut anderer Frauen trinkt; Dr. Frankenstein hat ein Wesen erschaffen, vor dem er sich jetzt fürchtet und das Wesen selbst weiß nicht, wer oder was es ist. So viele verschiedene Schicksale - daher beschließt die Psychologin, über ihre Patient*innen ein Buch zu schreiben.
„In jedem von uns steckt ein Hyde. Jemand, der sein Leben in vollen Zügen auskostet und den tierischen Trieben freien Lauf lässt. Der Unterschied ist bloß, dass Jekyll mir eine eigene Gestalt verliehen hat."
S. 57
Der Schreibstil ist recht einfach zu lesen, auch wenn man sich zuerst an die Art gewöhnen muss, denn die gesamte Geschichte wird in Form von Sitzungs-Protokollen, Notizen und Briefen erzählt. Gleichzeitig wird das Buch dadurch - und auch durch die hervorragende Gestaltung - zu etwas ganz Besonderem. Da die Patient*innen aus unterschiedlichen Epochen kommen, kommt es auch immer wieder zu sehr lustigen Szenen, z.B., wenn Carmilla entdeckt, dass in der heutigen Zeit Homosexualität ausgelebt werden darf & Polyamorösität ein echtes Wort ist, Dr. Jekyll einsehen muss, dass auch Frauen (sogar medizinische und wissenschaftliche!) Berufe ausüben dürfen oder Dr. Frankenstein sich damit konfrontiert sieht, dass sowohl die Psychologin als auch seine Verlobte glauben, er hätte ein uneheliches Kind mit einer anderen Frau anstatt einem "Monster", welches er selbst erschaffen hat. Immer wieder musste ich vor mich hin kichern oder laut lachen, dadurch wird die Story wirklich schön aufgelockert und zu einem echten Vergnügen.
„Im Grunde können jeder Gedanke, jede Handlung und jedes Gefühl entweder dem Guten oder dem Bösen zugeschlagen werden. Es obliegt dem Einzelnen, die richtige Seite zu wählen, an jedem einzelnen Scheideweg im Leben, sei es im Großen oder im Kleinen."
S. 20
Die Charaktere sind sehr unterschiedlich, dadurch kann man sie auch unterschiedlich gut leiden. Manche mochte ich sehr gerne und konnte auch ihre Probleme gut nachvollziehen, bei anderen fiel mir das deutlich schwerer. Gerade Dorian Gray fand ich grauenhaft unsympathisch - aber so sollte es wohl auch sein. Hier fand ich die Sitzungen daher auch etwas langatmig. Bei manchen Fällen war ich hingegen richtig gebannt und hätte gerne mehr gelesen.
Während dem Lesen war ich allerdings auch sehr oft irritiert: Wie kommen die "Monster" in die heutige Zeit? Zeitreisen? Ein Portal? Nur in der Fantasie? Und wie kommen sie wieder zurück?
Warum würden sich die Monster ausgerechnet einer PsychologIN anvertrauen, wo sie doch aus Zeiten stammen, in denen Frauen solche Berufe niemals hätten ausüben dürfen - und sie dementsprechend wohl kaum glauben würden, dass eine Frau gut und kompetent darin ist (außer vielleicht Carmilla, aber die würde eine Frau wohl aus anderen Gründen wählen, nicht aufgrund derer Kompetenz). Mal ganz abgesehen davon, dass die Psychologin auch noch lesbisch und schwanger ist - das würden viktorianische Männer sicherlich nicht akzeptieren, geschweige denn, sich dieser Frau auch noch anvertrauen und über die tiefsten Gedanken und Geheimnisse sprechen.
Und zu guter Letzt: Warum kennt die Psychologin die Geschichten der Monster nicht und hält z.B. das, was Frankenstein erschaffen hat, zuerst für ein uneheliches Kind, wenn doch wirklich so gut wie jeder die Geschichte von Frankenstein und seinem Monster (und auch die Geschichten der anderen Kreaturen) kennt? Lebt sie in einer Realität, in der die Geschichten rund um Jekyll & Hyde, Frankenstein & Co. nicht bekannt sind? Dadurch, dass die Psychologin dahingehend so ahnungslos ist, kommt es jedoch sehr oft zu wirklich witzigen Situationen, die mir ausgesprochen gut gefallen haben.
Ich hatte eigentlich erwartet, dass auf das Verschwinden der Psychologin mehr eingegangen wird und es quasi eine Art Kriminalfall geben wird, bei dem man versucht, anhand der Akten und Mails herauszufinden, was mit ihr geschehen ist. Und dass dadurch eine gewisse Spannung aufgebaut wird. Immerhin steht das auch groß auf dem Titel: "Der rätselhafte Fall der verschwundenen Psychologin"! Doch wo ist dieser rätselhafte Fall? Am Anfang gibt es einen Brief, bei dem die Ehefrau der Polizei mitteilt, dass ihre Frau verschwunden ist - das ist der einzige Hinweis darauf. Dann ist bis zu den letzten Seiten davon keine Rede mehr. Das Ende fand ich daher auch etwas unbefriedigend. Es klärt nicht auf, es hinterlässt eigentlich nur noch mehr Fragen. Eigentlich mag ich offene Enden durchaus gerne (wenn sie zum Buch passen) aber hier war es mir dann doch etwas zu offen. Man erfährt nicht nur nicht, was mit der Psychologin passiert ist, sondern hinterfragt auch alles andere. Das war mir dann persönlich etwas zu viel und ich hätte mir gewünscht, dass zumindest ein Teil der Fragen beantwortet werden. Mir persönlich hätte es besser gefallen, wenn es einfach nur um die Therapie der Monster gegangen wäre anstatt um das Verschwinden, das dann irgendwie doch keine Rolle spielt und nur einen Berg an Fragen hinterlässt. Meiner Meinung nach hätte das völlig ausgereicht: Therapiesitzungen mit verschiedenen Monstern und die vielen Probleme, die sie mit sich herumtragen. Fertig. Hätte für mich gereicht, denn diesen Teil des Buches fand ich interessant und ausgesprochen amüsant.
Fazit
Ein humorvolles Buch, das sich gut lesen lässt und viel Spaß gemacht hat. Leider lässt das Ende viel zu viele Fragen offen und das versprochene Rätsel um die verschwundene Psychologin spielt nicht wirklich eine Rolle - hinterlässt also am Ende nur noch mehr unbeantwortete Fragen. Dennoch hat mir das Buch aufgrund des tollen Humors ganz gut gefallen. 3,5 Sterne.