Samstag, 11. April 2020

[Books] Svenja K. Buchner - Bis die Zeit verschwimmt

[Books] Svenja K. Buchner - Bis die Zeit verschwimmt



*Werbung / Rezensionsexemplar: Das Buch wurde mir kosten- und bedingungslos von NetGalley und Thienemann-Esslinger zur Verfügung gestellt. Vielen Dank! 


Über das Buch



Titel: Bis die Zeit verschwimmt Autor: Svenja K. Buchner Verlag: Thienemann-Esslinger 
Preis: 13,99€ Genre: Jugend, Drama, Trauer Format: eBook Seitenanzahl: 320 
ISBN: 978-3-522-62175-5 Original Erscheinungsdatum: 2020 

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Ähnliche Bücher: Neunzehn Minuten (Jodi Picoult), Es wird keine Helden geben (Anna Seidl)

Zeit. Für Helene bleibt sie stehen, als ihre beste Freundin Cassie stirbt. Weiterleben kann sie nur, indem sie Antworten sucht - beim Amokläufer, bei seinen Opfern, bei den Hinterbliebenen. Helene verliert sich in Wut, Trauer und Schuld. Nur manchmal, zusammen mit Erik, kommt das längst vergessene Gefühl der Leichtigkeit zurück. Aber darauf kann Helene sich nicht einlassen, ohne Cassie zu verraten...
         

Erster Satz


"Es war ein warmer Tag im Sommer."



Autor


"Svenja K. Buchner wurde 1995 in Franken geboren. Schon in ihrer Schulzeit schrieb sie gern Geschichten, und auch während des Psychologiestudiums ließ das Schreiben sie nicht los. Inzwischen hat sie ihr Studium abgeschlossen und arbeitet mit Krebspatienten und deren Angehörigen in einer Akutklinik. Bis die Zeit verschwimmt ist ihr erster Jugendroman."



Cover und Titel


Das grau-weiße Cover zeigt wellenartige Formen und eine Silhouette, die zu verschwimmen scheint. Es passt hervorragend zum Inhalt des Buches und zum Titel selbst. Außerdem wirkt es optisch sehr ansprechend, macht neugierig und ist etwas, was man nicht auf jedem zweiten Buchcover zu sehen bekommt. Sehr gelungen! 



Meine Meinung


Helenes Leben wird von einem Moment zum nächsten aus den Angeln gehoben, als ein Amokläufer mehrere Schüler, Schülerinnen und Lehrer tötet, darunter auch ihre beste Freundin Cassie. Beinahe ein ganzes Leben lang waren die beiden unzertrennlich und jetzt plötzlich soll Helene ohne sie zurechtkommen? Sie versinkt in Trauer, Wut, Verzweiflung - und Schuld. Denn wäre es nicht ihre Aufgabe gewesen, ihre beste Freundin zu beschützen? Das Einzige, was sie aufrechthält, ist die Suche nach Antworten. Die Frage nach dem Warum. Und so begibt sie sich auf die Suche nach den Hinterbliebenen und stellt ihnen schmerzhafte Fragen - auch den Eltern des Täters. Doch wird sie die Wahrheit je erfahren? Und wird ihr diese wirklich helfen?


„Das Leben besteht ja nicht nur aus dem, was wir uns ausmalen, sondern vor allem aus dem, was am Ende passiert Und das sind oft zwei grundverschiedene Dinge."
pos. 184


Der Schreibstil der Autorin ist angenehm zu lesen und flüssig. Man wechselt immer wieder vom aktuellen Geschehen in die Vergangenheit und erfährt so nach und nach mehr aus dem gemeinsamen Leben von Helene und Cassie, das hält auch die Spannung aufrecht, da man nicht sofort alle Fäden miteinander verknüpfen kann.



„Ich habe nicht viele Freunde. Genauer gesagt zwei. Aber das macht mir nichts aus, da ich der Überzeugung bin, dass die meisten Menschen nach meiner Definition überhaupt keine Freunde haben, sondern nur flüchtige Begegnungen für bestimmte Lebensabschnitte, die ihnen dabei helfen, eine Zeit lang das Bild des eigenen Lebens weiterzuzeichnen, um dann zu verschwinden, ohne auch nur den Ansatz einer Signatur zu hinterlassen. Sie kommen und gehen, und was bleibt sind mehr oder minder liebevoll gemalte Striche auf dem Gemälde eines anderen, doch diese gehen unter mit den Jahren, und ihre Urheber werden alle gleichermaßen vergessen, was auf der einen Seite traurig ist, auf der anderen Seite aber zu selbstverständlich, als dass sie die Traurigkeit dieses Aspekts je bemerken könnten. Die Begegnungen, die ich habe, bleiben."
pos. 83


Die Charaktere sind gut dargestellt und haben Tiefe. Gerade Helene ist allerdings durchaus ein schwieriger Charakter. Sie stößt die Menschen, die sie lieben und ihr helfen wollen, immer wieder vor den Kopf, was allerdings hinsichtlich ihrer tiefen Trauer eine durchaus nachvollziehbare Handlung ist. Wenn man so wütend und traurig ist, handelt man meist nicht rational und kann auch mit anderen Menschen nicht umgehen - auch nicht mit denen, die es gut mit einem meinen. Dennoch fand ich ihr Verhalten teilweise sehr anstrengend und manchmal war mir sie als Person auch sehr unsympathisch, voller Selbstmitleid, sehr egoistisch und - abgesehen von ihrer Wut - relativ emotionslos. Aber - und das wiederum finde ich sehr positiv - das Buch geht sehr wertfrei mit Trauerarbeit um, und das bekräftigt etwas, wovon ich selbst auch überzeugt bin: Jeder sollte so trauern dürfen, wie es für ihn oder sie richtig und gut ist. Denn es gibt nicht die eine, richtige Art der Trauer. Jeder muss seinen eigenen Weg da durch finden. Man will an einem Tag nur schreien? Okay! Am nächsten Tag mit einer Shoppingtour ablenken? Auch in Ordnung! Wütend auf Gott und die Welt sein? Ja! Lachen, weil man etwas Schönes entdeckt hat oder sich an etwas Tolles erinnert hat? Absolut! Trauern läuft nicht immer wie im Lehrbuch ab, in dem man eine Trauerphase nach der anderen durchläuft und nach einer bestimmten Zeit wieder "ganz der Alte" ist. Und das trifft bei Helene ganz deutlich zu: während beinahe alle um sie herum langsam zurück ins Leben finden, wieder zur Schule gehen, sich ablenken, sogar Partys feiern, bleibt sie in ihrer Wut gefangen; sucht Antworten auf Fragen, die nur sie alleine stellt und will einen tieferen Sinn in dieser furchtbaren Tat finden. Und auch das ist in Ordnung. Denn das war es, was sie brauchte, um alles zu verarbeiten, während sie gleichzeitig den Halt ihrer Familie und ihrer Freunde hatte, die verhinderten, dass sie zerbricht. 



„Denn mein Leben ist heute. Und mein Himmel ist jetzt."
pos. 3410


Die Handlung ist natürlich geprägt durch das Thema Amoklauf - und dadurch (leider) sehr aktuell. Doch das Thema Trauer ist universell und das ist das Hauptthema des Buches: wie Helene damit umgeht, mit all der Traurigkeit, der Wut, der Frustration, dem Wunsch nach Vergeltung und einem tieferen Sinn. Die Autorin schafft es hier stets, sensibel, aber auch ehrlich auf die verschiedenen Charaktere einzugehen, sowohl auf Helene, als auch auf die Familien und Freunde der Opfer und auch des Täters. Des Weiteren spielen auch Mobbing, Freundschaft, Liebe, Hilfsbereitschaft und Hilfe annehmen eine große Rolle. Trotz des ernsten Themas gab es auch lustige Momente.



Fazit


Ein berührender und emotionaler Roman über Trauer, Freundschaft, Verlust, Wut, Liebe und die Überwindung, Hilfe anzunehmen. Authentisch dargestellt und schön geschrieben, allerdings mit einer etwas schwierigen und gewöhnungsbedürftigen Protagonistin, mit der ich hin und wieder meine Schwierigkeiten hatte. Trotzdem ein durchweg gelungener Roman für Jugendliche und (junggebliebene) Erwachsene. 




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